Eigentlich wäre alles perfekt gelaufen…
Nach dem Besuch das Taj Mahal hatten wir noch Zeit für ein leckeres Abendessen und wurden dann pünktlich am Bahnhof abgesetzt! Agra hat fünf Bahnhöfe, die man beim Buchen über cleartrip auswählen kann. Die gängigsten Bahnhöfe sind Agra Fort, Agra Cantt und etwas weniger populär Idgah Agra Junction. Nicht jeder Bahnhof ist mit jeder Stadt, die man erreichen möchte verbunden, deshalb muss man beim Buchen immer etwas rum probieren. Wir kauften die Tickets einige Wochen im Voraus online und wählten den Bahnhof Idgah Agra Junction, da von den anderen Haltestellen keine Tickets mehr buchbar waren.
Es gibt Probleme
Wir standen also 15 Minuten vor Abfahrt am Gleis und warteten. Ein Zug fuhr auf unser Gleis ein und wir fragten vorsichtshalber nach, ob das unser sei, auch wenn ausreichend beschildert war, dass es sich um einen anderen Zug handelte. Der Zug fuhr ab und kurz darauf kam ein Bahnhofsmitarbeiter auf uns zu und fragte uns, wo wir hinfahren wollten. Wir nannten ihn Zug und zeigten unser Ticket und er teilte uns mit, dass der Zug hier heute nicht halten würde. Grund dafür seien Bauarbeiten.
Der Zug hält hier heute nicht
Etwas entsetzt begannen wir zu diskutieren und wurden zum Bahnhofsbüro gebracht. Leider konnte keiner gut englisch sprechen, sodass die Sprachbarriere in diesem Fall wirklich zu einem Problem wurde. Uns wurde mitgeteilt, dass der Zug an der anderen Haltestelle halten würde und wir fragten, ob wir den Zug noch erreichen könnten. Die Männer sahen auf die Uhr und schüttelten den Kopf, super! Einen anderen Zug gab es erst wieder am nächsten Tag und so standen wir da. Man kann auch von Agra nach Varanasi fliegen, dass wollten wir aber nach Möglichkeit vermeiden und schlossen diese Option erstmal aus. Vermutlich hätten wir auch erst am nächsten Tag einen Flug bekommen.
Der Zug fährt nicht und jetzt?
Wir sollten es mal mit dem Bus versuchen, hörten wir aus dem Gespräch heraus. Die Männer waren sehr hilfsbereit und schauten auf ihrem Handy nach einem passenden Bus. Sie fanden einen privaten, klimatisierten Bus, der sogar zwei Stunden schneller als der Zug in Varanasi ankommen sollte. Es gab auch noch einen Sleeper Platz. Den wollten wir nehmen! Wir waren mittlerweile hundemüde!
Und wieder Tuktuk
Die Männer zeigten uns die Tuktuk Station und wir fuhren nach kurzer Verhandlung über den Preis zur Busstation ans andere Ende der Stadt. Dort gingen wir zum Ticketschalter und erfuhren, dass es diesen Bus der uns herausgesucht wurde nicht gibt… Zumindest wussten sie nicht wo man ihn finden kann… Unser Bus war ein privater Bus, dessen Tickets man nicht über den öffentlichen Fahrkartenschalter kaufen konnte. Wir liefen, immer noch mit unserem ganzen Gepäck, und einen hilfsbereiten Mitarbeiter über den Busplatz und er fragte an mehreren Stellen nach diesen privaten Bus. Keiner hatte davon gehört! Wir baten dann darum, dass wir einmal das Handy benutzen durften, um ihm die Busverbindung zu zeigen. Wir konnten diese auch finden, aber das nützte uns nichts, da nicht so viele Informationen vorhanden waren, um den Bus ausfindig zu machen.
Bus fahren
Wir setzten uns und ließen uns Möglichkeiten nennen, mit dem Bus nach Varanasi zu fahren. Bei allen Optionen wären wir zwischen 12-14 Uhr in Varanasi angekommen, vermutlich sogar etwas später. Übermüdet und etwas verzweifelt entschieden wir uns Varanasi ausfallen zu lassen und mit den Bussen und einmal umsteigen in Lucknow bis zur Grenze nach Sonauli zu fahren. Wir stiegen in den klimatisierten Bus, bezahlten die Tickets und gingen nach hinten durch. Wir stiegen in unsere Hüttenschlafsäcke, steckten die Ohrenstöpsel in die Ohren, setzten die Augenmaske auf und stellten den Wecker auf 4h45min. Es war überraschend bequem und dank großer Müdigkeit schliefen wir fast die ganze Zeit durch.
Spontan ist meistens gut
Schon gut erholt dachte ich kurz vor Lucknow, dass es doch wirklich schade wäre, Varanasi zu verpassen und das zwölf Stunden Aufenthalt doch auch ausreichend sein könnten. Gunnar fühlte sich auch wieder gut, sodass wir beide den Bus Begleiter fragten, ob es möglich wäre auch nach Varanasi zu fahren. Bei maps.me hatte ich gesehen, dass es eine durchgängige Straße von Lucknow bis Varanasi gab. Der Begleiter war extrem hilfsbereit und organisierte und zwei günstige Tickets. Der Bus sollte sogar nach einer halben Stunde schon losfahren. Jackpot! Er hatte zwar keine Klimaanlage, aber da wir ja größtenteils nachts und morgens fuhren, konnten wir gut damit leben.
Die katastrophalste Straße unseres Lebens
Nur 300km waren es bis Varanasi und wir fuhren gegen 3:30 Uhr los. Mein Optimismus sagte mir, dass wir schon vormittags da sein mussten. Wir legten uns wieder in die letzten zwei Reihen und schliefen die nächsten 1,5h. Wir hatten gut Kilometer gemacht und waren richtig optimistisch. Dann kam ein Schlagloch, dass Gunnar aus dem Sitz hob und nach vorne fallen ließ. Blutiger Ellbogen, kleiner Riss im Hüttenschlafsack. Ziemlich bald änderten wir unsere Position und irgendwann setzten wir uns. Es wurde immer schlimmer. Der asphaltieren Straße wich eine steinige Schlammstraße.
Mögen die keine Ausländer?
Der Bus füllte sich so langsam, wir fuhren die Straße entlang und passierten dabei unzählige Dörfer. Komischerweise quetschten sich aber alle Fahrgäste, ausschließlich Inder, nach vorne. Irgendwann begriffen wir, dass es daran lag, dass der uralte Bus keine Federung mehr hatte und die Schlaglöcher hinten am schlimmsten zu spüren waren. Diese Theorie können wir wirklich bestätigen. Es war extrem unangenehm und zog bis in den Rücken. Der Bus kam nur langsam voran und füllte sich immer mehr. Irgendwann quetschten wir uns mit sechs Personen in die letzte Reihe und stellten unsere Rucksäcke in den Gang, in dem auch schon zum Teil Fahrgäste standen.
Erlebnis und Qual zugleich
Immer wieder verglichen wir mit maps.me, wie weit es noch war. Tatsächlich brauchten wir im Endeffekt 9,5 weitere Stunden für 200 km Strecke. Dreimal wurde eine Pipipause auf offener Straße gemacht (nur die Männer gingen raus) und einmal fuhren wir in Schritttempo durch eine größere Stadt und Verkäufer für Essen und Trinken stiegen in den Bus. Wir verzichteten allerdings, da wir noch unsere Reste hatten. Es war spannend die Menschen zu beobachten und einen hautnahen Einblick in ihr Leben zu erhalten. Es war erschreckend, wie ärmlich es teilweise war und wie wenige Menschen englisch sprechen konnten. Es ist doch die Amtssprache! Wir erfuhren später, dass nur die reichen Kinder auf eine englischsprachige Schule gehen können.
Ankunft in Varanasi und Fazit
Kurz vor Varanasi wurde die Straße deutlich besser, doch es wurde auch sehr heiß und stickig. Wir standen im Stau und kamen kaum voran. Als wir endlich da waren, waren wir sehr erleichtert! Obwohl die Busfahrt bestimmt eher zu den unangenehmsten und unbequemsten Stunden unseres Lebens gehören, sind wir glücklich und dankbar für diese Erfahrung. Dieser realistische Einblick in das wirkliche, typische Leben der Inder war für uns Gold wert! Egal was alle sagen, wir haben Indien dadurch richtig kennen gelernt!